Rede des
Ex-SPÖ-Ministers und Präsidenten der Gesellschaft für
Österreichisch-arabische Beziehungen, Karl Blecha, vom 29. November
2000 bei der Palästina-Solidaritätsveranstaltung im Haus der Begegnung
in Wien-Brigittenau
„Vor 11 Jahren, da waren wir auch hier in
diesem Saal, 1989, und da haben wir auch Solidarität bekundet
angesichts der neuen Intifada, jener großartigen Reaktion des
Volkes, damals, als sie ihren Höhepunkt erreicht hat und den Menschen
in Europa gezeigt hat, daß die öffentliche Meinung sich radikal ändern
muß. Es war nämlich die Intifada, die die Aufmerksamkeit der Welt auf
Folter in Permanenz, auf mutwillige Zerstörung arabischen Eigentums,
auf unaufhörliche Deportation von Palästinensern, Menschenraub und
Erpressung gelegt hat. Nur die Intifada hat diese Änderung der öffentlichen
Meinung zustande gebracht.
Und die Antwort der Zionisten war neue Gewalt. Erinnern Sie sich:
nachdem wir hier zusammengetroffen waren, wurden Herausgeber palästinensischer
Zeitungen unter Hausarrest gestellt, sind Druckwerke zensuriert worden,
... sind Hilfsprojekte, auch solche, die hier von Österreich aus
unterstützt und gefördert wurden, zerstört worden. Aber die
Zionisten, die in ganz Palästina einen exklusiven Judenstaat errichten
wollen, sind gerade durch diese Maßnahmen und diese Reaktion durch die
Intifada entlarvt worden, als das entlarvt worden, was sie sind, nämlich
als Rassisten, und ihr Staat wurde zum Muster eines Unrechtsstaates der
Rassendiskriminierung.
Millionen in aller Welt, meine geschätzten Damen und Herren, haben
damals erst begriffen, warum die Vereinten Nationen diesen rassistischen
Staat das erste Mal 1975 verurteilt haben, zu einem Zeitpunkt, als in Österreich
Bruno Kreisky Bundeskanzler war, als Österreich eine aktive Rolle in
der Nahostpolitik gespielt hat, zu einem Zeitpunkt, zu dem aber manche
es noch nicht verstanden haben, warum gerade Israel ein rassistischer
Staat ist.
In der Zwischenphase steht dann nach einer Welle von Gewalt doch der
Durchbruch zu Verhandlungen, zu Verbesserungen der Rahmenbedingungen, ..
steht ein gewisser Fortschritt in den USA, aber es gab Rückschläge.
Und man soll ja nicht vergessen, wenn man die heutige Intifada
betrachtet, wie sehr die Geduld des palästinensischen Volkes auf die
Probe gestellt worden ist, weil nicht eingehalten wurde, was man
zugesagt hatte. .. wie man eine Reihe von Zusagen wieder zurückgenommen
hat, und die Welt sich dann im klaren geworden ist, daß Wortbrüche
eine zionistische Tradition haben. Jetzt, in diesen Tagen, in diesen
Wochen, in diesen Monaten, wo die Gewalt eskaliert, wo Kinder ermordet
werden, jetzt rufen wir, an diesem Solidaritätstag für Palästina dazu
auf, schleunigst wieder zum Verhandlungstisch zurückzukehren.
Wir tun das aber, weil wir von einem überzeugt sind: daß nur die
internationale Gemeinschaft Israel dazu zwingen kann, endlich
einzulenken und bei diesen Gesprächen am Tisch, zu denen man zurückkehren
muß, die Selbstbestimmung des palästinensischen Volkes, das Recht auf
die Ausrufung des eigenen unabhängigen Staates außer Streit zu
stellen!
Österreich und Europa können allerdings - und müssen - wieder
versuchen, eine Rolle zu spielen, denn der Konflikt bedroht nach wie vor
auch den Frieden in Europa. Man darf sich nicht so sicher sein, daß
sich dieser Konflikt nicht auch auf diesen Kontinent, wie es sich ja
schon angedeutet hat, überspringen kann. Europa muß einen eigenständigen
Beitrag zu dieser Rückkehr an den Verhandlungstisch bringen und Europa
muß sich abkoppeln von den USA, die als einzige Supermacht glaubt,
allein die Verantwortung für den ganzen Mittleren Osten übernehmen zu
müssen, jene USA, die doch die Schutzmacht des Judenstaates ist. .. Nur
dann, wenn wir dieses Zeichen setzen, meine geschätzten Damen und
Herren, dann können wir mit Fug und Recht den Beitrag realisieren, Gräben
des Unverständnisses, des Mißtrauens, des Hasses zuzuschütten und sie
letztendiglich zu überwinden.
Das geht aber nur, wenn wir den zionistischen Extremisten, wenn wir den
Brandstiftern und Kindermördern eines klarmachen: daß ihr Weg einer in
die Ausweglosigkeit, in die Irre ist, daß er keinen Funken der
Beendigung des Konflikts darstellt, und daß es die Aufgabe Europas, und
innerhalb Europas auch die Österreichs ist, einen Beitrag zu leisten,
indem es möglichst rasch zurückkehrt zu einer traditionellen
Nahostpolitik, zu einer Hilfe für Palästina, politisch, karitativ,
humanitär und wirtschaftlich. ...
Wir müssen mehr tun. Wir müssen die politische, die humanitäre und
die wirtschaftliche Hilfe verstärken. Und das werden wir durch
entsprechende Androhung von empfindlichem wirtschaftlichen und
politischem Druck auf Israel erreichen! ... Nur dann hat das Sammeln
hier einen Sinn, und in diesem Sinn kann ich enden: Alles für diese
neue Solidarität mit dem palästinensischen Volk!«
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